Wer für den Pfad der weißen Magie geboren wurde, dessen arkane Kräfte sind besonders dazu geeignet, sich selbst und andere Lebewesen zu stärken, zu heilen, vor schädlicher Magie zu schützen und auch, unnatürliche, magische Kräfte und Konstruktionen zu zerstören oder zu verbannen.
Geschichte des Weißen Pfades
Die weiße Magierschaft blickt auf eine lange und langläufig bekannte Historie zurück. War ihr Hochturm doch der erste, der in Galadon gegründet wurde und ihre Art Zauber zu wirken lange Zeit die einzige, die von Kirche und Krone geduldet wurde.
Vor mehr als vier Jahrtausenden unter der Regentschaft der Königin Nekria I. ahm Mer, kam es zu großen Unruhen zwischen den Magiern zweier Gruppen, welche heute als Weiß- und Graumagier bekannt sind. Die Gründe für diese Fehde sind umstritten, doch ist die gängigste weißmagische Meinung, dass die Grauen den Streit begonnen haben und es irgendwie mit der Fertigstellung des Ma’ahner Tores zusammenhing…
Was auch immer die Gründe waren, die Folge war ein bald eskalierender „Bürgerkrieg“ der Zauberer wenige Jahre später unter König Odalerich I. ap Erson. Als der erste Magierkrieg ging diese Auseinandersetzung in die Annalen des Reiches ein. Unter Weißmagiern geht die Legende, dass des Königs Sohn und Nachfolger, Feestar II. ap Erson, die Grausamkeit und Unbarmherzigkeit der Graumagier wider den Weißmagiern nicht mehr ertragen konnte und dem ersten Weißmagischen Konzil deswegen die Hand reichte und sie zu Verbündeten des Reiches erklärte – wie viel davon der Wahrheit entspricht sei dahingestellt.
Jedenfalls war dies das erste Mal, dass sich die Krone und infolge auch die Kirche der Viere, mit einer Gesellschaft von Zauberern verbündete. Wohl um die Rechtschaffenheit, die Königstreue und Vieregefälligkeit dieser Zauberergesellschaft zum Ausdruck zu bringen, wurde ihr der Name „Weiß“ gegeben, weswegen auch die gesamte 5te Ära des Königreiches später „Weiße Ära“ getauft wurde. Zu dieser Zeit wurde auch der erste Hochturm Galadons gegründet, der Il’Drûn, direkt neben dem Königspalast in der Hauptstadt des Reiches, Draconis. Über die folgenden zweitausendfünfhundert Jahre, während denen der Magierkrieg tobte, ist wenig bekannt. Ungern spricht man in gelehrten Hallen darüber. Sicher ist nur, dass die große Stadt Yota dabei völlig vernichtet, dass das einst prächtige Lehen Inkwit in Taras in eine triste Moorlandschaft verwandelt und viele kleinere Städte und Dörfer in Tiefenwald, Kadamark und Morgenthau zerstört wurden. Schließlich jedoch, so sagen die Weißmagier, siegte die Vernunft und die Güte der Viere, so dass es vor 3500 Jahren, unter Königin Asodayr I. ahm Erson, zur Aussöhnung zwischen den streitenden Magiern kam und der Krieg somit beendet wurde.
Die folgenden Jahrhunderte und Jahrtausende sind die Weißmagier vordergründig treue Gefährten und Diener der Krone wie der Kirche gewesen. Sie haben sich in den Seelenjäger-Kriegen, in der Jagd nach Schwarzmagiern, bei den Eroberungen von Endophal und Norland und vielen, vielen anderen bewaffneten Auseinandersetzungen der Krone bewiesen. Durch ihre weise Beratung und lebenserhaltende Magie viel Respekt und Anerkennung gewonnen, sowohl unter dem Adel wie auch der einfachen Bürgerschaft. Es herrscht vielerorts die Meinung, dass jede dritte Familie Galadons heute nicht bestehen würde, hätte in diesem oder jenen Krieg nicht ein Weißmagier das Leben des tapferen Soldaten-Vorfahren gerettet.
Politik des Weißen Pfades
Wie schon erwähnt, ist der Weiße Pfad aufs Engste mit dem Königshaus verbunden. So verwundert es nicht, wenn die erzmagische Leitung des Hochturms, derzeit bestehend aus den greisen Geschwistern Tellbas und Atema Fellaran zu Bernstein, sich hauptsächlich damit begnügt, die militärischen, wirtschaftlichen oder missinoarischen Vorgehensweisen des Reiches zu begleiten und sich darum zu bemühen, ihrer Beratung Gehör zu verschaffen. Es geht geruhsam zu in der Welt der Weißmagier. Ihre Stellung im Reich ist sicher und ihre Beziehungen zu den meisten Völkern und Gruppierungen höflich oder freundschaftlich.
Oft übergeben Adelige ihre Söhne und Töchter den Weißmagiern zur sittlichen Erziehung und man vertraut in der Regel auf ihre Ratschläge und Weisheit. Man nimmt an, dass die Weißmagier durch ihr Bündnis mit Kirche und Krone darauf hoffen, das Schicksal Tares und ihrer Bevölkerung zum Guten zu führen und das Heidnische, das Üble und Dämonische von den weltlichen Herrschern fern zu halten.
Einzige Sorgenquellen für die Leiter des Weißen Pfades sind einige Einzelgänger oder Grüppchen, die ihre eigenen Wege beschreiten und das harmonische Außenbild dieser Gesellschaft stören … aber so etwas hängt man nicht an die große Glocke.
Der Weiße Hochturm: Der Il’Drûn
Dieser Turm ist der offenste, bekannteste und älteste der hohen Magierhäuser, denn er steht in Draconis, der Hauptstadt des galadonischen Reiches. In einem Viertel fern des Flusses sind seine weitläufigen Anlagen ausgebreitet. Beginnend mit einer fünfzehn Schritt breiten Straße aus weichem, weißen Kopfsteinpflaster, die das Gelände des Turmes umläuft und sie symbolisch von dem Rest der Statt trennt. Hinter dieser Straße beginnen drei, ebenfalls kreisförmig angeordnete, marmorne Häuserzeilen, unterbrochen von schattigen, von Menschenhand angelegten und gepflegten Gärten. Diese Häuser dienen den wohlhabenden Lehrmeistern und Beauftragten des Turmes als Wohnhäuser. Manche sind Wohnanlagen für die Lehrlinge. In der Mitte dieses ganzen Vorbaus steht der eigentliche Turm. Sein Grund besteht aus einem senkrechten, drei Mann hohen Mauerkreis aus weißem Gestein der dann eine makellose, kugelförmige Kuppel, ebenfalls aus schneeweißem Stein, bildet, die das Gebäude überdeckt. In jeder Himmelsrichtung wölbt sich die glatte Mauer zu einem runden Vorbau aus, von dem sich je ein schlanker, weißer Turm in den Himmel erhebt. Diese Türme sind mit spitzen Dächern bedeckt, die aussehen, als seien sie aus Glas gefertigt. Im Fuß von jedem dieser vier Türme steht je ein gewaltiges Doppeltor, das aus reinem Silber gegossen scheint und auf dessen Flügeln die Ideologien des weißen Pfades in der Sprache der Magier eingeschrieben sind. Jedem steht es frei, diesen Stadtteil und den Turm – wenigstens in den untersten Hallen – zu besuchen und sich dort aufzuhalten, auch wenn das wohl nur wenige einfache Bürger tatsächlich machen werden. Magier sind schließlich Magier und irgendwie doch alle eigenartig.
Besonders zu erwähnen wären die ersten Keller und das untere Stockwerk des Turmes, welches die KWBvD darstellt, die „Königlich-Weissmagische Bibliothek von Draconis“. Sie ist die älteste und mit Sicherheit umfangreichste Sammlung von Büchern, Schriftrollen und Folianten Galadons.
Die Flagge des weißen Hochturmes ist eine goldene, stilisierte Krone auf weißem Grund über der sich ein schlichtes Zepter aus Silber und eine zusammengerollte Schriftrolle kreuzen. Die weiße Farbe steht für das Gute, die Krone für die Verbindung zum Königshaus, die Schriftrolle für das gesammelte und gehütete Wissen und das Zepter – aus alten Tagen übernommen – für die Vorherrschaft der weißen Magie über alle anderen Zauberarten und die kirchliche und königliche Erlaubnis der Weißmagier sie offen zu verwenden.
Berühmte Weiße Ausbildungsstätten
Von den vielen, meist an dicht bereisten Orten oder bei größeren Städten gelegenen Schulen weißer Magie sind die folgenden wohl die berühmtesten. Sie sind mit Sicherheit jedem Weißmagier und womöglich auch so manchem anderen Magier bekannt.
Die Weißmagische Mission zu Falkenstein:
Die jüngste große Schule der Weißmagier ist ein ausgedehnter, niedriger Lehmbau mit weißen Wänden, der sich neben der Ausbildung von Magiern auch für die Bildung und Unterweisung der einfachen Bevölkerung Falkensteins und den Rändern Endophals berufen fühlt. Ein jeder Schüler hat hier schon in jungen Jahren als Lehrer für Geschichte, Recht, Götterkunde oder Lesen und Schreiben für die Jugend der umliegenden Städte und Dörfer zu dienen.
Die Schule der Läuterung in Borast:
Eine der strengsten weißmagischen Ausbildungen erfährt man in der berüchtigten Schule der Läuterung bei Borast, nahe dem Inkwitmooren. Den angehenden Weißmagiern wird auf dem ummauerten Areal der Schule beigebracht enthaltsam zu leben, sich zu mäßigen, Schmerz zu erdulden und Opfer darbringen zu müssen, um die reinste Form der Magie zu wirken und durch gutes Beispiel und selbstloses Handeln für das Wohl der Falandrier zu sorgen. Die Absolventen dieser Schule leben meist in Askese und verpflichten sich ganz der Hilfe anderer.
Die Akademie der Euthaumaturgie in Krolin:
In dem putzigen Hafenstädtchen Krolin gibt es in einem Viertel mehrere gewöhnliche Bürgerhäuser mit weiß bemalten Ziegeldächern und himmelblau gestrichenen Türen und Fensterläden. Dies sind die Wohn- und Lehrräume der Akademie der Euthaumaturgie. Hier wird versucht, die jungen Magier auf die Schönheit der Welt aufmerksam zu machen und sie dazu zu bringen aus Freude und Begeisterung arkane Werke zu verrichten.
Das hohe Haus der Magie zu Laf’ays Stab:
Nach dem Il’Drûn die älteste weiße Ausbildungsstädte. Im hohen Haus der Magie wird nach klassischem Vorbild, in Klassen, Sälen und Kursen unterrichtet. Neben der Zauberkunst wird dem Schüler hier auch Recht, Politik und Rhetorik sowie das Reiten beigebracht. Viele niedere und gehobene Berater von Adligen stammen von dieser Schule, so dass sie einen außerordentlichen Ruf im Reich besitzt.
Berühmte Weiße Gruppierungen
Selbst bei einer so alten und „eingesessenen“ Fraktion wie den weißen Zauberern gibt es doch unterschiedliche Ansichten über den Umgang mit dem Arkanen und der Lebensaufgabe der weißen Magier. Die folgenden Gruppen zählen zu den Weißmagiervereinigungen mit der zahlreichsten und aktivsten Anhängerschaft.
Zeitlose Hoffnung:
Die Mitglieder der „Zeitlose Hoffnung“-Bewegung sehen ihr Lebensziel darin, das Gute, das Wahre und das Schöne Tares zu entdecken und das Wissen darum in Falandrien zu verbreiten. Sie rezitieren Gedichte auf Marktplätzen und schwingen begeisternde, aufmunternde Reden in Tavernen oder schreiben lange, bewegende Briefe an die Obrigkeit. In ganz Galadon und dessen Einzugsbereichen versuchen sie den Lebenden Mut zu machen und ihnen, wenn möglich, moralische Werte zu vermitteln. Ihr Zeichen ist ein goldenes oder gelbes Oval in dem eine weiße Kerze brennt.
Das Weiße Archiv:
Ehemals war das „Weiße Archiv“ nur die Bezeichnung für die im Il’Drûn gesammelten und verwahrten Schriften von arkaner und weltlicher Wissenschaft. Doch seit dem Ende des Magierkrieges konnten die weißmagischen Sammler und Bewahrer des Wissens durch ganz Falandrien reisen, Zweigstellen, Botenstrecken und ähnliches errichten. Mittlerweile ist das „Weiße Archiv“ zu einer großen Gruppierung geworden, die sich einzig und allein mit dem Verwahren, Ordnen und Sammeln von Wissen beschäftigt. Ihr Zeichen ist ein weißer Schlüssel über einem geschlossenen Buch.
Die Flamme von Catares:
Nur weil die Magie der Weißen an das Heilende und Förderliche gebunden ist, heißt das nicht, dass alle Weißmagier tolerant, geduldig und friedfertig sein müssen. Die Mitglieder der Flamme von Catares – benannt nach dem Horwah (=Engel) der weißen Magie – sind der beste Beweis dafür. Sie sind meist zanklustig, kriegerisch und stolz. Sie vertreten die Meinung, dass die weiße Magie immer noch die einzig erlaubte sein sollte und sehen sich als Nachfolger der Weißmagier, die vor Jahrtausenden Krieg führen mussten und vor Jahrhunderten die „weißmagische Inquisition“ bildeten, um mit unerbittlicher Härte und Erbarmungslosigkeit gegen Hexen und Schwarzmagier vorzugehen. Die „Flamme“ lässt die Bewohner Galadons nie vergessen, welche Macht, welche Kraft und welche Historie hinter den weißen Roben verborgen ist. Ihr Zeichen ist ein großes, schwarzes C mit eingeschriebener, stilisierter Flamme.
Die Erste Wacht:
Die Zauberer der „Ersten Wacht“ sehen sich als Tares erste Verteidigungslinie gegen alles Böse, gegen Niedertracht, gegen Chaos, Unglaube und die unsichtbaren Schrecken des Arkanen. Sie verschreiben ihr ganzes Leben der wachsamen Beobachtung der übrigen Bewohner Falandriens. Sie schrecken nicht davor zurück sie vor möglichem Übel zu warnen, sie zu belehren und – wenn nötig – auch zu maßregeln. Meist sind sie es auch, die für den Il’Drûn Bücher und Kunstwerke beobachten und zensieren oder verbrennen, sollten sie darin gefährliche oder verführerische Inhalte erkennen. Als Zeichen tragen diese Weißmagier ein meist blau gefärbtes Kreuz, in dessen vier Winkel je ein kleines x geschrieben ist.
Gemischte Vereinigungen
Selbstverständlich gibt es auf der weiten Welt Tares auch Vereinigungen Gleichgesinnter, die mit unterschiedlichen Gaben der Magie geboren wurden. Ein paar der größten oder bekanntesten dieser Vereinigungen seien hier kurz vorgestellt:
Die königlichen Magierakademien:
Diese Ausbildungsstätten werden von der Krone bezahlt und sind verpflichtet, ihre Schüler nach den Gesetzen und Sitten des galadonischen Reiches zu erziehen. Anfangs gab es nur weiße Lehrmeister an solchen Schulen, jedoch kamen mit den Jahrhunderten erst graue und dann auch elementare hinzu. Heute ist etwa jede zweite der größeren Magierschule in Galadon „königlich“ und bildet mehr als nur einen Pfad aus. Die jüngste dieser Akademien befindet sich auf dem Eiland Siebenwind. Zeichen der königlichen Magierakademien ist ein geöffnetes Auge über einem gleichschenkligen Dreieck, die Farben sind hierbei irrelevant, meist sind es aber die des zugehörigen Lehens. Jede Seite des Dreiecks steht für einen der drei anerkannten Pfade.
Lob des Lebens:
Eine friedfertige und pazifistische Verbindung von Weiß- und Elementarmagiern ist die “Lob des Lebens“-Bewegung. Die Mitglieder sehen die höchste Pflicht der Magier im Erhalt des Lebens von Menschen, Elfen, Zwergen und allen anderen vernunftbegabten Wesen. Mit Hingabe und Eifer verfassen sie Schriften zur Völkerverständigung und versuchen aufkommende Streitigkeiten zu schlichten oder Werte zu vermitteln. Ihr Zeichen ist L mit einem kleinen Kreis in seinem Winkel. Angeblich eine alte, elementarmagische Rune.
Die Feldretter:
Egal wie abgelegen, weit und öde der Zielort ist, egal was für feindselige Geschöpfe dort leben und egal was geliefert, geholt oder gesucht werden muss – die Feldretter machen das! Vorausgesetzt natürlich, die Bezahlung stimmt. Diese meist jungen Grau- und Elementarmagier lassen Wissenschaft und Übersinnliches für Abenteuer, Ruhm und Gold links liegen. Oft finden „seriöse“ Expeditionen die Zeichen dieser käuflichen Schatzjäger und hämische Botschaften in alte Ruinen oder Bergspitzen eingekratzt, wenn sie diese erst Jahre später erreichen. Ihr Zeichen ist übrigens ein brennender Stiefel.
Arkanes Kuratorium Morthum:
Seit 9 Jahrhunderten plagt eine grässliche Seuche, der „Atmende Tod“ die Bewohner der Baronie Morthum. Eigens für die Erforschung und Bekämpfung jener fauligen Krankheit wurde ein Kuratorium errichtet, welches sich aus Grau- und Weißmagiern zusammensetzt. Die Verwandlungskünste der Grauen, wie Heilkräfte der Weißen werden mit akademischem Wissen und alchemistischen Experimenten vereint um der Krankheit Herr zu werden. Zwar hat das Kuratorium seinen eigentlichen Zweck noch nicht erfüllt, aber viele interessante und faszinierende Formeln, Wässerchen und Elixiere hervorgebracht. Mittlerweile sind freie Mitarbeiter des Kuratoriums über ganz Falandrien verteilt und forschen in kleinen Grüppchen oder allein an diesem oder jenen skurrilen Randgebiet der Wissenschaft, manchmal mit sehr zweifelhaften Methoden, wie man munkelt. Das Zeichen des Kuratoriums, welches sich die Mitarbeiter auf die Gewandung sticken oder in einen Ring gravieren lassen sind die drei nüchternen Buchstaben AKM.