- 1. Calmexistus
- 2. Calmexistus
- 3. Calmexistus
- 4. Calmexistus
- 5. Calmexistus
- 6. Calmexistus
- 7. Calmexistus
- 8. Calmexistus
- 9. Calmexistus
- 10. Calmexistus
- 11. Calmexistus
- 12. Calmexistus
- 13. Calmexistus
- 14. Calmexistus
- 15. Calmexistus
- 16. Calmexistus
- 18. Calmexistus
- 19. Wittiko
- 20. Wittiko
- 21. Wittiko
1. Calmexistus
Der Abt des Klosters des Ordo Astraeli zu Gofilm – Zoran Gosh – blickt aus dem Turmfenster. Wie es den Tagen Bellums eigen ist, ist die Luft klar und der Ausblick aus dem Turmfester gen Norden ist wahrlich ein prachtvoller. In der Ferne erstreckt sich die Valensteinebene im Licht Felas und schemenhaft kann man in der Ferne den Gebirgszug des Lareegebirges erkennen. Träge fließt das Wasser in den vielen Flussarmen des Drac dahin, vorbei an den zahlreichen Inseln.
Dem Hochgeweihten Zoran Gosh, Mitglied des Inneren Zirkels des Ringes des Argionemes, scheint aber dieser herrliche Blick aus dem Fenster des Turmes auf die Landschaft des Herzogtums Bernstein keine rechte Erbauung zu sein. Ein Irrtum wäre es, würde man den Grund für das offensichtliche fehlende Interesse an der herrlichen Landschaft des Herzogtums darin vermuten, dass er die Wälder der Baronie Kadamark vermissen würde. Der eigentliche Grund ist, dass seine Gedanken allein kreisen um das, was geschehen war in den letzten Tagen, jene Ereignisse, die das galadonische Reich in seinen Grundfesten zu erschüttern drohen.
„Wie seie es bestellt um die Grafschaften Lichtenfeld und Papin und das Fürstentum Malthust, Bruder Henricus?“
hört Zoran Gosh den Greis fragen, der an einem in der Mitte des Raumes stehenden runden Eichentisch mit fünf weiteren betagten Männer sitzt, deren gemeinsames auffälliges Äußerliche ist, dass ihre Kopfe alle kahl geschoren sind.
Der Fragesteller, dessen übergroße, der Form nach einem Krummdolch ähnelnde Nase die Gesichtszüge des Greises prägen, ist Eminenz Telophas von Basarius, ehemals Mitglied des Erzkonliums der Kirche der Heilgen Viere. Die Geschehnisse der letzten Tage sind es gewesen, die Telophas von Basarius veranlasst haben, als Rector des Inneren Zirkels des Argionemes-Ringes die sechs Mitglieder des Inneren Zirkels des Argionemes-Ringes nach Draconis kommen zu lassen.
Über drei Zyklen lang dauert schon die Beratung der sieben Greise in einem Zimmer im schlanken Rundturm des Astrael, der einer der Vier Türme, die in der Wacht stehen um den Hochturm des Königs zu Draconis.
Die von Eminenz Telophas von Basarius gestellte Frage gilt Hochwürden Henricus Decredon Catae, Hochgeweihter des Ordo Astraeli, Prätor der Diözese Lichtenfeld und Abt des Klosters zu Lichtenfeld. Der Befragte, dessen Schneidezähne auch bei geschlossenem Mund zu sehen sind und dadurch dem Gesicht des Greises ein frettchenhaftes Aussehen verleihen, welches noch durch kleine, rattenhafte Augen, die eher Misstrauen als Vertrauen zu wecken vermögen, verstärkt wird, blickt in die Runde, bevor er antwortet: „Die rücksichtslose Fehde des Grafen von Papin mit dem Fürsten bestimmt noch immer die Geschehnisse, Eminenz. Eine leidige Sache seie diese Fehde, aber davon berichtete man ja schon oft. Aber nun mag diese Fehde für unser Tun sein Gutes haben, lenke es doch die weltlichen Herrscher ab von unserem Tun, Eminenz.“
„Gut, gut, Bruder Henricus. Und wie stehe die unsrige Sache auf dem Eiland Siebenwind? Ihr habet doch geschicket aus Eurem Kloster Novizen auf das Eiland Siebenwind, wenn ich mich recht entsinne.“ „Man habe leider noch keine Nachricht vom Eiland erhalten. Doch rechne man, dass bald eine Bericht kommen werde, Eminenz.“
Bei der Antwort des Henricus Decredon Catae wendet sich Zoran Gosh den am Tisch Sitzenden zu. „Man erinnere Eminenz daran, dass ich aus den Reihen der Bruderschaft, deren ich vorstehe, im Jahre 13 den Bruder Arondar von Mellhorn schickte auf das Eiland in Begleitung zweier Novizen. Der Bruder Arondar verschwand gleich nach der Ankunft auf dem Eiland. Man konnte nie erfahren, was dem Bruder widerfuhr. Gleichwohl wurden meine Hoffnungen nicht enttäuscht, die ich hegte in den Novizen, deren Namen sind Calmexistus Salanus und Sanduros Mantaris. Sie taten ein gutes Werk auf dem Eiland in den Jahren im Namen des Allwissenden und Bruder Calmexistus ist eingeweihet in den Argionemes-Ring. Er wird wissen, was zu tun und er weiß, besonnen zu handeln. Eine Abschrift des Briefwechsel des Bruder Calmexistus mit dem Speichellecker im Erzkonzilium, Erzprätor Adrianus Herwart von Yngelsburg, habe man Euch vor Zeiten überreicht, Eminenz.“
Zoran Gosh hält einen Moment inne in seiner Rede, die Anwesenden anschauend, eher er sich wieder Eminenz Telophas von Basarius zuwendet und mit seiner Rede fort fährt.
„So Ihr erlaubet, meine Einschätzung kundzutun über das Eiland Siebenwind: Die weltlichen Obrigkeiten auf dem Eiland, die da sind der Baron Friedward von und zu Gerdenwald und die Ritterorden, werde man nicht fürchten müssen. Der Baron Friedward von und zu Gerdenwald, königlicher Schatzmeister und Verwalter von Siebenwind, ist – Eminenz verzeihe mir meine Wortwahl – in Wahrheit ein korruptes, geldgieriges und feiges Schwein. Er wird fliehen, so der Tag gekommen ist, an dem aus Lafays Stab drei dunkle Katzen 15 zornige Jungen werfen werden. Die Ritterschaft auf dem Eiland, sich suhlend in Eitelkeit und Hochmut, wird man zu täuschen und zu teilen wissen. Divide et impera!“
„So soll jetzt Argionemes Wille geschehen in diesen Tagen, wo eine Leere ist im Hochturm zu Draconis? Das Siegel des Großinquisitors und das königliche Siegel liegen bereit.“ Eminenz Telophas von Basarius blickt fragend zu den um den Tisch Sitzenden.
„Man rate davon ab, übereilt anstatt besonnen zu handeln, wie wir es stets bisher getan haben. Wir alle wissen, dass noch Vieles vorzubereiten sei. Dieses koste Kraft und bedarf der gebotenen Zeit und Ruhe. So seie mir erlaubet, mahnend zu erinnern an das Schicksal unseres Bruders Josef Knecht – möge seine Seele ruhen im Schoße Astraels. Er wollte zu schnell zu viel!“ spricht Hochwürden Romualdo Lavarin, seines Zeichens Abt des Klosters zu Umdest im Herzogtum Savaro.„Sollen sie ruhig einen auserwählen und auf den Thron des Reiches Galadons setzen. Unserer Sache wird dieses nur förderlich sein können.
Zudem halte man es nicht für ratsam, dass sich der innere Zirkel hier in Draconis treffe und hier verweile, Eminenz. Es sei mir erlaubet dazu zu raten, Draconis zu verlassen und sich zu begeben in das Herzogtum Sae. An jenem Ort dort, wo Argionemes wirkte, sollten wir uns einfinden. Dort ist die Quelle, die uns die Kraft geben wird, dort ist die Quelle des Flusses, die den weltlichen Thron des galadonischen Reiches wird fortspülen. Und an diesem Ort, an dem Lafays Stab stehe, seie man allein sicher“.
Zoran Gosh wendet sich wieder um und schaut aus dem Fenster. In der Ferne erstreckt sich die Valensteinebene im Licht Fales und schemenhaft kann man in der Ferne den Gebirgszug des Lareegebirges erkennen. Träge fließt das Wasser in den vielen Flussarmen des Drac dahin, vorbei an den zahlreichen Inseln.
Der Abt des Klosters des Ordo Astraeli zu Gofilm – Zoran Gosh – blickt aus dem Turmfenster. Wie es den Tagen Bellums eigen ist, ist die Luft klar und der Ausblick aus dem Turmfester gen Norden ist wahrlich ein prachtvoller. In der Ferne erstreckt sich die Valensteinebene im Licht Felas und schemenhaft kann man in der Ferne den Gebirgszug des Lareegebirges erkennen. Träge fließt das Wasser in den vielen Flussarmen des Drac dahin, vorbei an den zahlreichen Inseln.
Dem Hochgeweihten Zoran Gosh, Mitglied des Inneren Zirkels des Ringes des Argionemes, scheint aber dieser herrliche Blick aus dem Fenster des Turmes auf die Landschaft des Herzogtums Bernstein keine rechte Erbauung zu sein. Ein Irrtum wäre es, würde man den Grund für das offensichtliche fehlende Interesse an der herrlichen Landschaft des Herzogtums darin vermuten, dass er die Wälder der Baronie Kadamark vermissen würde. Der eigentliche Grund ist, dass seine Gedanken allein kreisen um das, was geschehen war in den letzten Tagen, jene Ereignisse, die das galadonische Reich in seinen Grundfesten zu erschüttern drohen.
„Wie seie es bestellt um die Grafschaften Lichtenfeld und Papin und das Fürstentum Malthust, Bruder Henricus?“
hört Zoran Gosh den Greis fragen, der an einem in der Mitte des Raumes stehenden runden Eichentisch mit fünf weiteren betagten Männer sitzt, deren gemeinsames auffälliges Äußerliche ist, dass ihre Kopfe alle kahl geschoren sind.
Der Fragesteller, dessen übergroße, der Form nach einem Krummdolch ähnelnde Nase die Gesichtszüge des Greises prägen, ist Eminenz Telophas von Basarius, ehemals Mitglied des Erzkonliums der Kirche der Heilgen Viere. Die Geschehnisse der letzten Tage sind es gewesen, die Telophas von Basarius veranlasst haben, als Rector des Inneren Zirkels des Argionemes-Ringes die sechs Mitglieder des Inneren Zirkels des Argionemes-Ringes nach Draconis kommen zu lassen.
Über drei Zyklen lang dauert schon die Beratung der sieben Greise in einem Zimmer im schlanken Rundturm des Astrael, der einer der Vier Türme, die in der Wacht stehen um den Hochturm des Königs zu Draconis.
Die von Eminenz Telophas von Basarius gestellte Frage gilt Hochwürden Henricus Decredon Catae, Hochgeweihter des Ordo Astraeli, Prätor der Diözese Lichtenfeld und Abt des Klosters zu Lichtenfeld. Der Befragte, dessen Schneidezähne auch bei geschlossenem Mund zu sehen sind und dadurch dem Gesicht des Greises ein frettchenhaftes Aussehen verleihen, welches noch durch kleine, rattenhafte Augen, die eher Misstrauen als Vertrauen zu wecken vermögen, verstärkt wird, blickt in die Runde, bevor er antwortet: „Die rücksichtslose Fehde des Grafen von Papin mit dem Fürsten bestimmt noch immer die Geschehnisse, Eminenz. Eine leidige Sache seie diese Fehde, aber davon berichtete man ja schon oft. Aber nun mag diese Fehde für unser Tun sein Gutes haben, lenke es doch die weltlichen Herrscher ab von unserem Tun, Eminenz.“
„Gut, gut, Bruder Henricus. Und wie stehe die unsrige Sache auf dem Eiland Siebenwind? Ihr habet doch geschicket aus Eurem Kloster Novizen auf das Eiland Siebenwind, wenn ich mich recht entsinne.“ „Man habe leider noch keine Nachricht vom Eiland erhalten. Doch rechne man, dass bald eine Bericht kommen werde, Eminenz.“
Bei der Antwort des Henricus Decredon Catae wendet sich Zoran Gosh den am Tisch Sitzenden zu. „Man erinnere Eminenz daran, dass ich aus den Reihen der Bruderschaft, deren ich vorstehe, im Jahre 13 den Bruder Arondar von Mellhorn schickte auf das Eiland in Begleitung zweier Novizen. Der Bruder Arondar verschwand gleich nach der Ankunft auf dem Eiland. Man konnte nie erfahren, was dem Bruder widerfuhr. Gleichwohl wurden meine Hoffnungen nicht enttäuscht, die ich hegte in den Novizen, deren Namen sind Calmexistus Salanus und Sanduros Mantaris. Sie taten ein gutes Werk auf dem Eiland in den Jahren im Namen des Allwissenden und Bruder Calmexistus ist eingeweihet in den Argionemes-Ring. Er wird wissen, was zu tun und er weiß, besonnen zu handeln. Eine Abschrift des Briefwechsel des Bruder Calmexistus mit dem Speichellecker im Erzkonzilium, Erzprätor Adrianus Herwart von Yngelsburg, habe man Euch vor Zeiten überreicht, Eminenz.“
Zoran Gosh hält einen Moment inne in seiner Rede, die Anwesenden anschauend, eher er sich wieder Eminenz Telophas von Basarius zuwendet und mit seiner Rede fort fährt.
„So Ihr erlaubet, meine Einschätzung kundzutun über das Eiland Siebenwind: Die weltlichen Obrigkeiten auf dem Eiland, die da sind der Baron Friedward von und zu Gerdenwald und die Ritterorden, werde man nicht fürchten müssen. Der Baron Friedward von und zu Gerdenwald, königlicher Schatzmeister und Verwalter von Siebenwind, ist – Eminenz verzeihe mir meine Wortwahl – in Wahrheit ein korruptes, geldgieriges und feiges Schwein. Er wird fliehen, so der Tag gekommen ist, an dem aus Lafays Stab drei dunkle Katzen 15 zornige Jungen werfen werden. Die Ritterschaft auf dem Eiland, sich suhlend in Eitelkeit und Hochmut, wird man zu täuschen und zu teilen wissen. Divide et impera!“
„So soll jetzt Argionemes Wille geschehen in diesen Tagen, wo eine Leere ist im Hochturm zu Draconis? Das Siegel des Großinquisitors und das königliche Siegel liegen bereit.“ Eminenz Telophas von Basarius blickt fragend zu den um den Tisch Sitzenden.
„Man rate davon ab, übereilt anstatt besonnen zu handeln, wie wir es stets bisher getan haben. Wir alle wissen, dass noch Vieles vorzubereiten sei. Dieses koste Kraft und bedarf der gebotenen Zeit und Ruhe. So seie mir erlaubet, mahnend zu erinnern an das Schicksal unseres Bruders Josef Knecht – möge seine Seele ruhen im Schoße Astraels. Er wollte zu schnell zu viel!“ spricht Hochwürden Romualdo Lavarin, seines Zeichens Abt des Klosters zu Umdest im Herzogtum Savaro.„Sollen sie ruhig einen auserwählen und auf den Thron des Reiches Galadons setzen. Unserer Sache wird dieses nur förderlich sein können.
Zudem halte man es nicht für ratsam, dass sich der innere Zirkel hier in Draconis treffe und hier verweile, Eminenz. Es sei mir erlaubet dazu zu raten, Draconis zu verlassen und sich zu begeben in das Herzogtum Sae. An jenem Ort dort, wo Argionemes wirkte, sollten wir uns einfinden. Dort ist die Quelle, die uns die Kraft geben wird, dort ist die Quelle des Flusses, die den weltlichen Thron des galadonischen Reiches wird fortspülen. Und an diesem Ort, an dem Lafays Stab stehe, seie man allein sicher“.
Zoran Gosh wendet sich wieder um und schaut aus dem Fenster. In der Ferne erstreckt sich die Valensteinebene im Licht Fales und schemenhaft kann man in der Ferne den Gebirgszug des Lareegebirges erkennen. Träge fließt das Wasser in den vielen Flussarmen des Drac dahin, vorbei an den zahlreichen Inseln.
2. Calmexistus
Andaris Maran tut sich schwer auf dem schmalen Pfade, welcher sich durch das Kalkgestein der Steilküste schlängelt und steil bergauf führt. Fest umfassen die dürren Finger seiner rechten Hand den Stab aus Elbenholz mit seinen filigranen Verzierungen. Bei jedem Schritt stützt er sich auf den Stab, auf dass der Schritt bergauf ihm ein wenig leichter fällt und er das Gleichgewicht auch nicht verliert. Andaris Maran ist zwar ein Mann in den besten Jahren, wohl 30 Astrael würde man sein Alter schätzen, doch solch körperliche Anstrengungen ist er nicht gewohnt. Deshalb macht er eine kurze Rast, um neue Kraft zu schöpfen. Sein Blick schweift über die Linfannbuch, welche tief unter ihm sich erstreckt. Während er sich mit einem feinen Tuch den Schweiß von seiner Stirn und seinem kahl geschorenen Schädel wischt, schaut er die Steilküste hoch. Gleichwohl er schon die großen, flache Kuppel, dessen weißes Gestein das Licht Felas reflektiert, erblicken kann, entfährt ihm ein Seufzer angesichts der Wegstrecke auf dem schmalen, steilen Pfade, die noch vor ihm liegt. „Es hilft ja nichts, Andaris Maran, du musst dort hinauf“ spricht er zu sich selbst und setzt seinen Weg fort.
Vor einer der vielen kleinen ziegelgedeckten Hütten, die am Rand der Steilküste errichtet sind und den Schülern der Anstalt für ozeanische Thaumaturgie zu Swa als Wohn- und Arbeitsstätte dienen, steht ein groß gewachsener, breitschultriger, wohl 50 Astrael alter Mann. Filigrane Stickereien, welche wohl die Heilgen Zeichen des Ventus darstellen, zieren das Habit, welches den Mann kleidet. Ins Auge springt jedoch ein Zeichen, welches die Robe des Mannes aufweist: Ein überdeutliches, großes „Z“, aus dessen unterstem Strich drei senkrechte Linien abgehen Die steife Brise aus Südwest spielt mit seiner schulterlangen Haarpracht und legt frei seine auffällig großen und weit abstehenden Ohren, die bei einem jeden Betrachter dieser Ohren sofort den Gedanken aufkommen lassen, dass mit selbigen man Ventus gleich durch die Lüfte zu segeln vermag. Der Mann, seine Arme vor seiner Brust verschränkt, blickt schon eine ganze Weile die Steilküste hinab und beobachtet das quälend langsame Vorankommen des Andaris Maran. „Ja – mein guter Freund in deinem blauen Habit. Auch für einen Diener des Einäugigen ist der Weg steinig und mühselig, will er den Enhor nahe sein. Aber die Diener des Einäugigen wissen ja Mühsal in Demut zu ertragen.“ spricht er mit einem Lächeln in seinem wohl vom Wetter gegerbten Gesicht zu sich selbst.
„Gepriesen seien … Gepriesen seien die Namen der Sahor, …. und gepriesen …. und gepriesen seien die Namen … seien die Namen der Enhor!“ Noch immer keuchend spricht Andaris Maran die Worte, neben dem Mann mit zittrigen Beinen stehend und auf die Linfannbuch blickend, die nun in Gänze unter ihm sich zeigt. „Bei … bei Astra… Astra …el, welch einen … welch einen herrlichen Blick man doch hat … hat ….von hier oben. Aber welch eine Qual… Mühsal, hier herauf zu gelangen.“ Während Andaris Maran dieses mit keuchender Stimme sagt, ist er leicht vorgebeugt, dabei seinen Stab mit beiden Händen fest umklammernd und noch immer nach Luft ringend. Mit stierem Blick schaut er herunter auf die Buch. „Wahrlich ..pracht… prachtvoll!“ Der Mann steht unbeweglich neben Andaris, seine Arme noch immer vor der Brust verschränkt, sein Blick gen Südwesten gerichtet. Nur ab und zu schaut er zu Andaris Maran mit einem mitleidigen Blick herab. „Nicht leicht hier herauf zu kommen wohl für jemanden, der nur im Scriptorium hocket und von der Größe und Mächtigkeit der Natur, geschaffen von den Enhor, nur aus Büchern wisse, wie?“ Schmunzelnd blickt der Mann zu dem Diener Astraels. Andaris Maran richtet sich nun auf, den Mann anschauend, aber auf die Worte des Mannes nicht eingehend. „Ich vermute, dass jene helle Kuppel dort wohl der berühmte Dom sei.“ „Ja, Ihr vermutetet recht“. „Würdet Ihr so gütig sein und mich dort hinführen?“ „Das will ich gerne tun, so Ihr wieder zu Kräften gekommen seid.“ „Seid bedankt dafür.“ Andaris Maran wendet sich noch einmal um und blickt die Steilküste herab auf die Linfannbucht. Ob es der Erschöpfung geschuldet sein mag, ob es ein unbedachtes Handeln ist – all dieses mag nicht von Bedeutung sein, als es Andaris Maran entfährt: „In Lafays Stab fanden sich drei dunkle Katzen ein!“. Überrascht schaut nun der Mann zu dem Astraeli und erwidert: “15 zornige Jungen werden sie werfen. So kommt, denn man erwartet Euch mit Ungeduld“
Zu gleicher Zeit, in der Andaris Maran in den Hauptdom der Bildungsanstalt für ozeanische Thaumaturgie zu Swa geleitet wird, wo er schon voller Ungeduld seit Tagen erwartet wird, steht der Hochgeweihte des Ordo Astraeli, Zoran Gosh, mit dem Hochgeweihten des Ordo Astraeli, Willibald Puckel, auf einem Platz nahe des Haupttores des Hohen Hauses der Magie zu Lafays Stab, eben jene weissmagische Bildungsstätte , die nach dem Il’Drun wohl die berühmteste, sicherlich aber die älteste Bildungsstätte für Weissmagiere ist.
Hochwürden Puckel ist wie Hochwürden Gosh einer der Sieben des Inneren Zirkel des Ringes des Argionemes. Hochwürden Puckel war ebenso bei dem Treffen des inneren Zirkels zugegen, welches vor Tagen in Draconis stattfand. Und wie fünf derer des Inneren Zirkels begab er sich zu dieser Heilgen Stätte – Lafays Stab. Einzig Eminenz Telophas von Basarius und Hochwürden Henricus Decredon Catae blieben zurück in Draconis.
Ein Jeder, der seiner Hochwürden Puckel gewahr wird, wird nicht vermuten, welch bedeutende Person vor ihm steht. Allein das Habit ist’s, dass einen Betrachter stutzig machen wird. Die Statur eines Gnoms, knapp 1 Schritt ist er groß. Wenn man ein Massband um seinen Bauch legen würde, käme man zu dem gleichen Ergebnis. Und erst recht wird ein Jeder ein Schmunzeln nicht sich verkneifen können, wenn man Hochwürden Puckel sprechen hört – ein Lispeln vor dem Herrn Astrael, wie man es selten hört. Aber ein Jeder seie gewarnet davor, allein ob des Äußeren diesen Mann zu unterschätzen.
„Bruder Zsssoran. Ssso ssssind die Boten gesssschicket zu den Hohen Ssssschulen der Elementare? Issst diesssses gessssichert?“ „Ja, Bruder Willibald. Es ist geschehen und man denke, dass die Getreuen just die Stätten der Anstalt für ozeanische Thaumaturgie bei Swa, der Akademie des grünen Zweiges im Fürstentum Tiefenwald, und die Schule der tausend Funken im Fürstentum Malthust erreicht haben.“ „Und der Turm des Nordwindes?“ „Du weißt, Bruder, dass der Weg dorthin weit ist. Dieses braucht seine Zeit.“
„Esss war recht, sssich zssu diesthem Ort sssich zu begeben, wo Argionemessss wirkte. Gleichwohl – wir müsssen wachsssam sein. Die Weisssmagiere, die Magissster dieser Ssschule hier sind missstrauisch, ssseit jenem Geschehen, dasss man Ihnen jenen Ssschriften ssstahl ausss der Bibliothek. Esss war gewagt und tollkühn, dasss Ihr diesssessss vollbracht, Bruder Zsssoran. Dasss wisssst Ihr ssssicher ebenssso wie ich“. „Gewiss, Bruder Willibald. Aber es werden uns diese Schriften von Nutzen sein. Nun aber gilt es, die Magiere des Elementaren Pfaden zu informieren, wisse man doch, dass jene uns beistehen werden.“ „Gewissss! Gewissss! Bruder Zsssoran. Issst auch ein Bote geschicket zu dem Hohen Turme der Elementaren?“ „Auch dieses ist geschehen, Bruder.“ „Ssssso habet Ihr einen gefunden, der weisss um dessss Wegesss, der zsssu dem Turme führe?“ „Das habe man , Bruder.“
„Sssso sssaget, Bruder, wann denket Ihr issst die rechte Zeit, einen Getreuen zu sssschicken zum Dor’Drun?“
Während dieses Gespräches schauen beide aufmerksam zu dem Haupteingang des Hohen Hauses der Magie zu Lafays Stab und beobachten genauestens, wer hinein- und hinausgeht.
3. Calmexistus
Unzählige Male hat die Geschichte die seelische Tragödie des Bastards gestaltet, dieses Sohnes und Doch-nicht-Sohnes, welchem unbarmherzig galadonisches Recht nimmt, das Natur ihm in Blut und Antlitz geprägt. Verurteilt durch das Vorurteil – das härteste, das unbeugsamste aller Urteile – , sind diese Unehelichen, diese nicht im Adelsbett Gezeugten, hintangesetzt, ewig Zurückgestoßene und Ausgestoßene und zu Bettel verdammt, wo sie befehlen und besitzen sollten. Wird aber einem Menschen der Stempel der Minderwertigkeit sichtbar aufgedrückt, so muss dieses dauernde Minderwertigkeitsgefühl ihn entweder entscheidend schwächen oder entscheidend stärken; ein solcher Druck kann einen Charakter brechen, oder kann ihn wundervoll stärken. Feige Charaktere werden durch solche Demütigungen noch kleiner als sie waren; als Speichellecker schmeicheln sie sich an bei den anerkannt Legitimen und lassen sich beschenken. In starken Naturen aber steigert Zurücksetzung alle dunklen und gebundenen Kräfte; wo ihnen der gerade Weg zur Macht nicht gutwillig gewährt ist, werden sie lernen, Macht aus sich selbst zu schaffen.
Hochwürden Hadrian Lugado ist eine starke Natur. Die wilde Entschlossenheit seiner hochadligen Ahnen, ihr Stolz und ihr Herrscherwille wiegen stark und finster in seinem Blut. Als Mann, als Erscheinung überragt er durch Klugheit und klare Entschlossenheit die meisten – auch im Ordo Astraeli. So ist es nicht verwunderlich, dass er schon seit vier Jahren das Habit eines Hochgeweihten des Ordo Astraeli trägt, gleichwohl er gerade erst jetzt ein Alter von 30 Astrael erreicht hat. Seine Ziele sind weit gesteckt, seine Pläne stets klug und weit blickend überdacht; Unermesslich überlegen ist er anderen durch seine Besonnenheit und Erfahrung. Hadrian Lugado lässt sich nicht leiten von gefühlvollen, gar romantisch verklärten Impulsen, er hat nichts Heldisches als Herrschers, aber er kennt dafür das Geheimnis des Wartens und sich Geduldens, das den Erfolg sicherer verbürgt als der rasche, leidenschaftliche Elan.
Wie seine vier Brüder hat auch Hadrian Lugado als Mitglied des inneren Zirkels sich begeben von Draconis zu diesem Ort, der genannt wird Lafays’ Stab. Nun steht Hochwürden auf einem Platz, weiter entfernt des Haupttores des Hohen Hauses der Magie zu Lafays Stab. Um Hochwürden Lugado herum stehen vier Männer, gekleidet in dem Habit, welches für Aspiranti des Ordo Astraeli üblich, und lauschen Hochwürdens Worten.
„Bindung von der Kraft Bellums und der Schönheit Vitamas, von dem Mut Bellums mit der Ruhe Morsans. Dieses ist es allein – die Hohe Kunst, den Tod nicht zu fürchten und dennoch das Leben sinnlich zu machen. Ein Edelmann ist’s, welcher bei dem Turniere im Panzerrock den Gegner mit der Lanze anzureiten versteht und zugleich mit anmutvoller Wendung die künstlichsten Figuren des Tanzes vorbildlich auszuführen verstehet. Er muss die raue Kriegskunst ebenso meistern wie die zarten Gesetze der höfischen Courtoisie; dieselbe Hand, die den pfündigen Zweihänder im Nahkampf führt, muss verstehen, zärtlich die Laute zu schlagen und einer geliebten Maid Sonette schreiben: beides in einem zu sein, stark und zart, rau und kultiviert, kampfgeübt und kunstgebildet.“
Zu dieser Zeit, zu der am Ort „Lafays Stab“ vier Aspiranti des Ordo Astraeli den Worten seiner Hochwürden Lugado aufmerksam lauschen, weilen in der Hafenstadt Venturia vier Männer, um mit dem nächsten Schiff, dessen Ziel Siebenwind ist, auf das Eiland zu gelangen. Gemeinsam haben sie eine weite Wegstrecke hinter sich gebracht, brachen sie doch vor Tagen in der fern gelegenen Baronie Kadamark auf. Ihre Heimstatt war bisher das verzweigte Höhlensystem zu Gofilm. Ein Kenner wird den Männern ansehen können, dass sie der Hohen Magierschule zu Gofilm angehören müssen, tragen sie doch alle unübersehbar einen Ring aus gemasertem Kada-Stein an der rechten Hand.
Während Hochwürden Lugado zu den Anwärtern spricht, mustert er die Aspiranti mit einem prüfenden Blick, ist ihm doch von seinen Brüdern des Inneren Zirkels des „Ringes der Wissenden“ aufgetragen worden, zwei der Aspiranti zu bestimmen, welche sich auf das Eiland Siebenwind begeben sollen.
„Im galadonischen Reich ist der Adelsstand, sind Grafen und Barone Ausgeburt eines wilden und zügellosen, eines gierigen und kriegsfrohen, eines trotzigen und unbeugsamen Rittergeschlechts. Selber kleine Könige auf ihren Schlössern, Burgen und Landsitzen kennen diese unbeschränkten Gebieter keine andere Daseinsfreude als den Krieg, Streit ist ihre Lust, Eifersucht ihr Antrieb, Machtgier ihr Lebensgedanke. Geld , Macht und Willkür, sind die Töne, denen allein sie lauschen. Ihnen Demut vor den Heilgen Vieren, Ihnen im Namen der Heilgen Viere Ehre, Gerechtigkeit Tugend, edle Handlungen predigen zu wollen, hieße sie zum Lachen reizen. So soll sich niemand wundern, wenn nun das galadonische Reich in seinen Grundfesten wankt.“
Auf dem Platz vor dem Haupttore des Hohen Hauses der Magie zu Lafays Stab herrscht reges Treiben, aber die Hektik der vergangenen Tage, als die Hiobsbotschaft vom Verschwinden des Königs und der Königin eintraf, hat sich wieder etwas gelegt. Zwar hört man immer wieder ein Spekulieren über des Königs Verbleib und ein manchmal hitziges Disputieren darüber, welche Folgen die Geschehnisse für das galadonische Reich haben könnten, doch geschiehet dieses im Gegensatz zu den vergangenen Tagen mit einer gewissen Sachlichkeit und Gelassenheit.
Doch diese eingekehrte Ruhe wird schlagartig wieder von Hektik und gar Panik abgelöst werden, wenn die Nachricht von dem gewaltsamen Tod des Bibliothekars der weissmagischen Schule der Läuterung in Borast eintreffen und sich wie ein Lauffeuer im Hohen Hause der Magie zu Lafays Stab verbreiten wird.
4. Calmexistus
Zwei Blauberobte hatten am gestrigen Abend zu spätem Zyklus die Heilge Stätte Lafays’ Stab erreicht. Am heutigen Tage zu spätem Zyklus haben in einem kleiner Zimmer sich nun versammelt jene sieben Brüder, welche bilden den Inneren Zirkels des Ringes des Argionemes – eben jene Brüder, die – tief vom Glauben an den Allwissenden erfüllt – Entscheidungen fällen; Entscheidungen, die all den Brüdern des Ringes der Argionemes Befehl sind, denen sie gehorchen fest im Glauben, dass die Entscheide des Inneren Zirkels des Argionemes der Wille des Allwissenden Astrael ist.
Eminenz Telophas von Basarius, Hochwürden Zoran Gosh, Hochwürden Henricus Decredon Catae, Hochwürden Romualdo Lavarin, Hochwürden Willibald Puckel und Hochwürden Hadrian Lugado hörten zu den Worten seiner Hochwürden Ignaz Moravio.
„Wir wollen beten für unsere zwei Brüder, welche wir beauftragt haben, sich zu begeben zum DorDrun. Wir sollten warten darauf, welch Nachricht sie uns bringen werden. Warum verfallet Ihr schon jetzt ins Zaudern und Zögern, Brüder, wenn es darum geht, den Pakt zu suchen mit jenen, die da folgen dem schwarzen Pfade der Magie! Erinnert Euch jener Geschehnisse, wie man sie lesen kann in jenen Schriften, die da berichten von den Geschehnissen vor langer Zeit im galadonischen Reiche, welche ihren Ausgang nahmen in Savaro?. Fielen nicht Jene, die sich abgekehrt von den Heilgen Vieren, zum Opfer jenem Wirken der Schwarzen Magie? War es nicht der Wille der Heilgen Viere gar selbst, der Wille des Allwissenden, auf dass jene Ruchlosen, die da nicht in tiefer Demut dienen wollten den Heilgen Vieren, ihr verdientes Ende fanden? Haben Jene, die da den Heilgen Vieren höhnten, es nicht verdienet, dass ihnen ihr Speichel zu ätzender Säure wurde, dass ihnen ihre Knochen morsch wurden, dass sie dem Wahnsinn anheim fielen?“
Hochwürden Ignaz Moravio legt eine kleine Pause ein, mit einem strengen, mahnenden Blick die um den Tisch Sitzenden anschauend.
„Ist es erst einmal vollbracht, was unser Herr, der Allwissende uns aufgetraget zu tun, dann wird dieser Pakt sein Ende finden und es werden Jene zertreten werden, die da nicht schwören auf die Heilgen Viere. Denn wer solle es dann noch vermögen zu widerstehen den drei dunklen Katzen und ihren 15 zornigen Jungen, die sie geworfen haben?
Jetzt. Brüder, müssen wird unser Augenmerk auf andere Dinge richten. So ist die Nichte der Erzmagierin des weißen Pfade, Adanah Fellaran zu Bernstein, unseren Häschern entkommen. Eine Trumpfkarte, deren wir wieder habhaft werden müssen. Man vermute, jene Maid seie geflohen auf das Eiland Siebenwind. Und so ich Euch dieses sage, will ich Euch, Brüder, mahnen, das Augenmerk auf dieses Eiland Siebenwind zu legen. Wir haben dieses versäumt in vergangenen Tagen all zu sehr. Ihr wisset, dass der Bruder Aldelmar, den wir schickten mit einer geheimen Botschaft zu diesem Eiland, auf dem Schiff verstarb und das Eiland nie erreichte. Dieses sorge mich sehr. Unsere Brüder auf dem Eiland müssen informieret werden, was unser Trachten ist hier im galadonischen Reich, wie es der Allwissende uns befiehlt. Sie müssen wissen, dass man das Bündnis schmiede mit Jenen, die da erhalten haben das Geschenk des Allwissenden und die da folgen dem elementaren und dem grauen Pfade. Sie müssen wissen davon, auf dass sie Gleiches tun. Und auch müssen sie erfahren davon, was uns berichten werden unsere Brüder, die wir entsandt haben zum DorDrun. Doch ebenso müssen wir erfahren, was auf diesem Eiland geschehe, Brüder!“
Hochwürden Ignaz Moravio Worte sind bestimmend, sein Ton herrisch. Herrisch ist stets das Auftreten seiner Hochwürden Moravio. Zelotisch heischt er selbst vom König sklavische Unterordnung unter sein theokratisches Gebot. Schon oft geriet Hochwürden Moravio in Disputen mit Dienern Vitamas aneinander; allzu oft war das finstre Eifertum des Astrael-Hochgeweihten Moravio jenen ein Ärgernis; nichts konnte der den Dienern Vitamas eigenen lebensfreudigen, genießerischen Art, ihrer musischen Neigungen unfassbarer sein als die nüchterne Strenge, die Lebensfeindlichkeit, der Freudenhass des Ignaz Moravio, nichts war ihnen unerträglicher als der hochmütige Starrsinn, der das Lachen verbietet und die Schönheit als Verbrechen verurteilt, der alles zerstören will, was ihnen teuer ist, die frohen Formen der Sitte, Musik, Dichtung und Tanz, und der überdies in einer an sich schon düsteren Welt noch eine besondere Düsternis annimmt, die selbst Diener des Herrn Morsan und manchmal sogar seine Brüder des Inneren Zirkels erschrecken lässt.
Ursprünglich ein Diener Astraels niederen Ranges, ein Novizius, hatte sich Ignaz Moravius mit der ganzen Wildheit und Wut seiner rechthaberischen Seele in den Dienst der Inquisition gestellt als Schüler der Hochgeweihten Josef Knecht
, welchen der König als Ketzer lebendig verbrennen ließ. Diese Flamme, in der sein Lehrer unterging, brennt weiter in der Seele des Ignaz Moravius. Von jenem Josef Knecht lernte er die Kraft der Rede und die unbarmherzige Demut vor dem Allwissenden Astrael, welche zugleich in ihm nährt den puritanischen Hass gegen alles Helle und Schöne. Nie bewegt innerer Frohmut die Seele des Ignaz Moravius, ohne Glanz und mystische Erleuchtung ist dessen Rede. Durchaus redlich in seiner Gradlinigkeit, ist er durch diesen grauenhaften Starrsinn einer jener engen, strengen Geister, für die eigene Wahrheit wahr ist, nur die eigene Tugend tugendhaft, nur der tiefe Glauben an Astrael in ihm der wahrhaftige Glauben. Man muss Hochwürden erleben bei einer Messe zu Ehren der Viere – ein Mann, im Alter von 50 Astrael, mit wallendem Bart und kahl geschorenem Kopf in einem Tempel der Viere leicht vorgebeugt stehend, seine Knochen von der Gicht gezeichnet, seine Wangen eingefallen, seine Augen blutunterlaufen, Hass und Fluch donnernd gegen alle, die nicht seiner Predigt lauschen; grimmig schleudert er, der „Freudetöter“, Schmähungen gegen die Natternbrut der Unbekümmerten, der Sorglosen, die nicht in Demut und nach seiner Auffassung den Heilgen Vieren dienen.
Hochwürden Moravius jubelt auf, so ein unfrommer Adliger beseitigt oder gedemütigt ist; und wenn durch Mörderhand ein „Feind“ wider dem Ordo Astraeli aus dem Wege geräumt wird, so war es für Hochwürden Moravius der Allsehende Astrael selbst, der diese löbliche Tat gewollt und gefördert hat. Mit einem derart unbeirrbaren Mann, der nur befehlen will und nur gehorsame Gläubigkeit hinnimmt, gibt es nur schwer Kompromisse; alles Werben und Sich-um-ihn-Bemühen wird ihn nur um so härter mache, höhnischer und anspruchsvoller machen. An dem steinernen Block eines solchen Starrsinns zerschellt jeder Versuch der Verständigung.
5. Calmexistus
Das Gebrüll und Gekreische der Orken zerreißt derart die Stille der weiten Steppe, dass man glauben mag, noch auf den drei Türmen der fern im Westen liegenden Feste Ersonts End den Lärm hören zu können. Eine wilde Rangelei ist entbrannt zwischen drei Orken, die sich ganz und gar nicht einig sind, wem es vergönnt sein soll, sich mit den zwei blauen Roben zu kleiden, die durch das Gezerre schon arg zerfetzt sind. Keine Aufmerksamkeit schenken die Orken den Pergamenten, die der Wind aufwirbelt und in die Steppe hinausträgt. Warum sollten die Orken auch den Pergamenten Beachtung schenken, sind sie doch des Lesens nicht mächtig. Und wenn es auch anders wäre, würde sie die Schrift, die von drei Katzen und fünfzehn zornigen Jungen berichtet, so wenig interessieren, wie sie von den beiden Leichen, die im faulenden Wasser eines nahe gelegenen Tümpels liegen, kaum Notiz nehmen, gleichwohl sie für einem Moment gestutzt hatten, als sie sahen, dass beiden Jünglingen wohl jeweils ein Auge ausgestochen wurde, bevor sie zu Tode kamen.
Mehr Aufmerksamkeit erfährt jedoch die Ankunft eines Jünglings in dem Hohen Haus der Magie zu Lafays Stab. Verwunderlich ist’s einigen Schülern und manch Magister der Akademie, da der Jüngling, welcher kaum mehr als 10 Astrael alt sein mag, in Begleitung mehrerer Diener Astraels das Hohe Haus der Magie betritt. Verwunderlich ist es auch für so manchen, dass Hochgeweihte Diener des Allwissenden und sogar ein Erzgeweihter sich vor diesem Jüngling verneigen.
Zu gleicher Zeit, in der sich drei Orken um das Habit eines Dieners des Allsehenden Astrael streiten und an dem heilgen Orte zu Lafays Stab manche Gespräche von jenem Jüngling handeln, der von Dienern des Allwissenden stets umringt ist, haben zwei Männer, gekleidet in schwarzen Roben, ihre Rast in der Feste Ersons End beendet und machen sich auf den Weg Richtung Ersonts Tal. „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns bis nach Venturia, Und wir müssen eilen, um rechtzeitig dort einzutreffen. Also trödel nicht herum, sondern spute Dich, Romualdo!“ „Ja, Meister“. „Und wenn wir Rast machen in einer Taverne, dann hast du nicht daherzuplappern, wer wir sind und was unser Weg ist! Ich mahne Dich, schweigsam zu sein, sonst werde ich dir deine Zunge mit glühendem Eisen lehren, sich zu zügeln!“ „Ja, Meister, ich werde Euch gehorchen!“ „Und lass deine elendigen Finger von den Weibern, Romualdo. Erwische ich Dich noch einmal dabei, dass Du einem Weibsbild nachstellst, ….“ „Ich werde gehorchen, Meister! Ich werde gewiss gehorchen!“ erwidert Romualdo in ängstlichem Tonfall. Nach einer Zeit von einem Zyklus des Schweigens wagt Romualdo seinen Meister wieder anzusprechen. „Sagt Meister, wart Ihr schon an jener Stätte, die man nennet Lafays Stab?“ Kaarem Balta zittert leicht, als er diese Frage seines Schülers Romuldo Jakta vernimmt. Er verharrt im Schritt, wendet sich um und schaut drohendes Blickes zu seinem Schüler, der ängstlich einen Schritt zurückweicht. „Nein“ ist dann die knappe Antwort, worauf Kaarem Balta sich wieder abwendet und seinen Weg fortsetzt und sein Schüler Romuldo Jakta ihm in respektvollem Abstand folgt. Es vergeht eine geraume Zeit des Schweigens, bis Rumualdo wieder Mut fasst, seinen Meister anzusprechen. „Meister? Werden denn an diesem Ort Katzen gezüchtet? Weil es doch hieß, dass dort drei Katzen Junge werfen ….“ Romualdo kommt nicht mehr dazu, seine Frage vollends seinem Meister zu stellen, weil ein furchtbarer Schmerz ihm durch Mark und Bein fährt. Es sei einem Jedem ersparet zu erfahren, auf welche grausame Art Kaarem Balta seinen Schüler zu quälen weiß. Nur so viel seie gesagt: Erst in Rothebucht wird Romualdo fähig sein und es wagen, seinen Meister wieder anzusprechen.
6. Calmexistus
„Ob es ein Grund zur Besorgnis sei, darüber vermag man kein Urteil zu fällen, Exzellenz.“
Hinter einem Eichentisch sitzend hört der Rektor des Hohen Hauses der Magie zu Laf’ays Stab aufmerksam den Ausführungen seines Secretarius zu.
„Aber gewiss ist es nicht alltäglich, dass Diener des Allwissenden in dieser Anzahl zu gleicher Zeit hier an diesem Ort verweilen, wie es jetzt der Fall ist. Und jeden Tag treffen weitere Diener des Allwissenden hier ein, welche wohl aufgebrochen sind aus verschiedenen Orten des galadonischen Reiches. Man ließ schon einen Boten schicken nach Draconis und beim Erzconzilium der Heilgen Kirche der Viere fragen nach dem Grund. Doch auch dort wisse man keinen Grund zu nennen. Diese Antwort erhielt der Bote von seiner Erhabenheit, dem Erzprätor Adrianus Herwart von Yngelsburg, höchst selbst.“
„Nun – man wisse darum, welch Hochschätzung unsere Bibliothek bei den Geweihten des Allwissenden genießt. Sicherlich ist dieses die Erklärung dafür, dass Geweihte des Allwissenden sich hier nun so zahlreich einfinden, da sie hier in Gemeinsamkeit das Wissen mehren wollen. Ein astraelgefälliges Tun somit und kein Grund also, darin Besonderes zu sehen.“ entgegnet seine Exzellenz.
„Sicherlich seie Eurer Exzellenz Urteil zutreffend“ erwidert der Secretarius zögerlich. „Jedoch – möge mir Eure Exzellenz erlauben darauf hinzuweisen, zu welcher Zeit dieses geschehe. Eure Exzellenz möge bedenken, dass seine Majestät noch immer verschwunden, in Draconis man noch immer ratlos sei und das galadonische Reich durch das Verschwinden seiner Majestät in seinen Grundfesten erschüttert.“
„Ihr vermutet, dass das mysteriöse Verschwinden seiner Majestät in Zusammenhang stehe damit, dass sich Diener des Allwissenden hier eingefunden? Doch auch hier vermag ich nichts zu erkennen, was mir Sorge mache. Sicherlich wollen die Diener des Allwissenden an dieser Heilgen Stätte beten zu dem Herrn Astrael für seine Majestät.“
Etwas unschlüssig steht der Secretaius vor dem schweren Eichentisch, sein Haupt demütig gesenkt, ehe er wieder das Wort ergreift: „Es sind noch andere Umstände, die Eure Exzellenz wissen sollten. Vor zwei Tagen traf ein Jüngling, kaum dem Knabenalter wohl entwachsen, an diesem Ort in Begleitung mehrerer Diener des Allwissenden hier ein. Man konnte bisher nicht in Erfahrung bringen, wer dieser Jüngling sei, wird doch von Dienern des Allwissenden dafür Sorge getragen, dass niemand dem Jüngling sich nähere. Und es sind nun nicht mehr Geweihte des Allwissenden Astrael, die dafür Sorge tragen. Eure Exzellenz müsse wissen, dass am gestrigen Tage Brüder der Bruderschaft aus Gofilm angekommen sind. Eure Exzellenz wisse sicherlich, dass in der Bruderschaft neben Dienern des Allwissenden sich Brüder der Division Catares ebenso finden wie Magiere, welchen ein gemaserter Kada-Stein als Zeichen dient. Die Brüder der Bruderschaft sind es nun, die es zu verhindern wissen, dass man zu diesem Jüngling gelange. Sicherlich ist Eurer Exzellenz bekannt, dass der Spiritus Rector der Bruderschaft, seine Hochwürden Zoran Gosh, weilet an diesem Orte seit einigen Tagen.“
Während des Berichtes, den sein Secretarius abgibt, betrachtet der Rektor mal ein Pergament, mal legt er ein anderes Pergament bei Seite. Aber bei den letzten Worten seines Secretarius hält er inne in seinem Tun. „Brüder der Bruderschaft weilen hier an diesem Ort und seine Hochwürden Zoran Gosh? Seid Ihr Euch dessen sicher?“ „Man seie sich gewiss, dass es Brüder der Bruderschaft seien, Eure Exzellenz. Unübersehbar pranget das schwarze B auf weißem Grund auf ihren blutroten Roben.“ „So bin ich wahrlich überrascht, glaubte ich doch, dass die Bruderschaft nicht mehr sei.“ Der Rektor erhebt sich, geht zum Fenster und schaut eine Weile auf den Platz, welcher sich vor dem großen Eingangstor erstreckt.
„Ihr wisset um eben jene Bruderschaft?“ fragt der Rector seinen Sekretarius, während er weiter aus dem Fenster blickt. „Man wisse nicht viel über die Bruderschaft, doch wohl so viel, dass man sich gewiss sei, dass es Brüder der Bruderschaft sind, welche hier an diesem Orte weilen und welche man hier an diesem Orte sah, Exzellenz.“
Der Rektor wendet sich seinem Secretarius zu.
„Wahrlich habe ich Ehrfurcht und Hochschätzung vor jenen, die in der Bruderschaft dienen dem Allwissenden. Zugleich ist es aber auch ein unheimliches Gefühl, welches mich stets beschleicht, so ich nachdenke darüber, was es heiße, sich dem Herrn Astrael zu nähern auf einem Pfade, welchen Orpa einem weist.“ „Ein Pfad, welcher Orpa einem weist, Exzellenz?“ „Ja – so ist es. Orpas Wege nennen sie die Pfade, auf welchen sie wandeln, um dem Allwissenden sich zu nähern. Wahrlich sage ich Euch, dass ich Männer kannte, die daran zerbrachen, als sie versuchten, auf Orpas Pfaden zu wandeln in dem Bestreben, dem Allwissenden nahe zu sein. Denn wahrlich: So sehr diese Pfade Orpas für einen Außenstehenden unscheinbar sind und wohl auch immer unverständlich bleiben, so sehr sind die Pfade Orpas steinige Wege. Jene Männer, welche auf Orpas Wegen zu Astrael wandeln und nicht daran zerbrechen, nennen sich selbst Meister. Mir war es vergönnt, Meister der Bruderschaft kennen zu lernen. Mit einer gewissen Bewunderung sah ich diese Meister der Bruderschaft und zugleich überkam mich auch stets ein Gefühl der Beklommenheit und Furcht, so ich Ihnen begegnete. Ich erinnere mich noch gut dieser alten Meister: Meister Neo Xan, Meister Dwiezel, Meister Van’Dyk, Meister Val’Dyren, Meister Neithan, Meister Arondar Mellhorn. Aber diese alten Meister sind alle nicht mehr. Jedoch – einer von den alten Meistern ist wohl noch, eben jener Meister, welchen Ihr saht – Hochwürden Zoran Gosh.“
Staunend lauscht der Sekretarius den Erzählungen des Rektors des Hohen Hauses der Magie zu Laf’ays Stab, welcher in Erinnerung schwelgend über seine lange zurück liegenden Begegnungen mit Meistern der Bruderschaft
berichtet. Leicht zuckt er zusammen, als der Rektor abrupt seine Erzählung beendet und sich wieder an den großen Eichentisch setzt.
„So sendet einen Boten nochmals nach Draconis. Er solle im Il’Drun die Exzellenzen Tellbas und Atema Fellaran zu Bernstein aufsuchen, ihnen von diesen Ereignissen berichten und um ein Urteil der Exzellenzen bitten.“
7. Calmexistus
Hochwürden Hadrian Lugado hatte sich schwer getan bei der ihm von den Brüdern des Inneren Zirkels des Ringes des Argionemes aufgetragenen Entscheidung, welchen Aspirantus er erwählen und auf das Eiland Siebenwind entsenden sollte, auf dass dieser die Brüder des Ringes des Argionemes auf dem Eiland beistehe in ihrem astraelgefälligen Tun. Mehrmals am Tage begab er sich in den Astraelschrein, welcher nahe gelegen der weißmagischen Akademie zu „Lafays’ Stab“, um zu beten zu dem Allwissenden, Ruhe zu finden und Kraft zu schöpfen in der Meditation. Seine Entscheidung fiel auf den Aspirantus Hubertus Anverita, ein Mann, welcher im Alter von 38 Astrael und dessen Zuhause das Kloster des Ordo Astraeli zu Gofilm war.
Die Entscheidung seiner Hochwürden Lugado war nicht überraschend, sondern im Gegenteil hätte man sie vorhersehen können, so man wisse um seiner Hochwürden Hadrian Lugado. Wie Hochwürden Lugano ist der Aspirantus Hubertus Anverita ein Mann, der sich nicht leiten lässt von gefühlvollen, gar romantischen verklärten Impulsen. Gleichwohl Hubertus Anverita sich auf seinen Verstand und sein Wissen zu Recht viel einbildet, zuweilen auch auf manchen arrogant wirken mag, weiß er sich auch zurückzunehmen und kennt wie Hochwürden Lugano das Geheimnis des Wartens und sich Geduldens, das den Erfolg sicherer verbürgt als der rasche, leidenschaftliche Elan.
Gleichwohl Hochwürden Lugado bekannt war, dass der Aspirantus Hubertus Anverita seine klösterlichen Pflichten ab und zu vernachlässigt hatte, war es wohl diese Seelenverwandtschaft letztlich, welche Hochwürden Lugano diesen Aspirantus auserwählen ließ. Und dieses ist um so mehr verständlich, da Hochwürden die Gründe für diese Disziplinlosigkeiten bekannt sind, waren die Gründe doch die, dass jegliche Geheimnisse den Aspirantus Hubertus Anverita in den Bann zogen und seine Pflichten oftmals vergessen ließen. Der Aspirantus verbrachte oft und gerne Zeit mit praktischen Forschungen, bei denen er auch vor eigenmächtigen Expeditionen in die Wälder Kadamarks und in die Wildnis Ravels nicht zurückschreckte.
Letztlich aber war wohl für seiner Hochwürden Lugado Entscheidung von Bedeutung, dass der Aspirantus Anverita die Menschen einzuschätzen und gut mit ihnen umzugehen weiß, ist er sich doch ihrer Wünsche und Nöte bewusst, was sich auch in einem gewissen Verhandlungsgeschick ausdrückt. Und noch etwas war es, was Hochwürden Lugado bewog, sich für diesen Aspirantus zu entscheiden: Hubertus Anverita diente einige Jahre der Heilgen Inquisition.
Bevor Hubertus Anverita sich auf den Weg nach Venturia macht, bekommt er von Hochwürden die nötigen Instruktionen und einen Brief für Calveas Catae, welcher das Siegel des Ordo Astraeli ziert.
Der Allwissende Astrael mit Euch, Calveas Catae, mein Sohn!
Eine Zeit liegt es nun schon zurück, dass ich Euch schickte auf das Eiland Siebenwind. So hoffe ich, dass Ihr das Eiland wohlbehalten erreicht habt und Ihr aufgesuchet habet seine Hochwürden Salanus, Bruder des Ringes des Argionemes, wie ich es Euch wies.
Mit diesem Brief nun will ich Euch auftragen eine wichtige Sache, die Ihr tun sollt. Sorget dafür, dass alle Heilgen Schriften, welche sich finden lassen auf dem Eiland, sich in Euren Händen befinden, wie es auch geschehe hier auf dem Festland.
Hochwürden Henricus Decredon Catae
Demütiger Diener des Ordo Astraeli
In Venturia angekommen steht Hubertus Anverita etwas verloren, gekleidet in seiner blauen Robe, vor der Taverne „Zur Lachenden Möwe“. In der Gasse versperren Kisten und Säcke den Weg, Menschen hasten durch die Gasse, für die der Diener Astraels ebenso ein Hindernis zu sein scheint wie die Säcke und Kisten, nehmen sie doch in ihrer Hast und ihrem geschäftigen Treiben kaum Rücksicht auf ihn, rempeln ihn an und ein leises Fluchen kommt manchem Händler über die Lippen.
Zögerlich betritt Hubertus Anverita den von Tabakrauch geschwängerten Gastraum der Taverne. Der Wirt der Taverne, der hinter dem Tresen mit dem Putzen von Gläsern beschäftigt ist, schaut zunächst erstaunt, als er des Astraeldieners gewahr wird, doch das Erstaunen in dem hochroten Schweinsgesicht des Wirtes weicht alsbald einem feisten Grinsen, als Hubertus Anverita ein „Gepriesen sei der Name des Allwissenden“ über die Lippen kommt. „Vitama mit Euch!“ erwidert der Wirt, sich mühend, dem Astraeldiener in einem devoten Tonfall seinen Gruß zu entbieten. „Man suche vier Männer aus Kadamark, welche man in dieser Taverne anzutreffen hoffe.“ Der Wirt deutet mit seinem wulstigen Fingern der rechten Hand auf einen Tisch des Schankraumes, an welchem vier Männer sitzen.
Zu den vier Männern schauend erkennt Hubertus Anverita an den blutroten Roben, welche ein unübersehbares großes, schwarzes „B“ ziert, dass diese Männer Brüder des Ordens der Bruderschaft sind. Hubertus Anverita ist sich sicher, dass – wie es ihm Hochwürden Lugado gesagt hat – diese Männer es sind, die er hier in Venturia antreffen soll, von denen zwei dieser Bruderschaftler ihn zu seinem Schutz auf das Eiland Siebenwind geleiten sollen. Doch gleichwohl sich sicher, weiß Hubertus Anverita darum, dass Vorsicht geboten ist, weshalb er, sich dem Tische nähernd, den Männern zuraunt: „Argionemes lächelt im zweiten Mond den blauen Tüchtigen.“ Einen Moment verfliegt das Gefühl der Sicherheit, da von keinem der vier Männer eine Reaktion erfolgt. Erst nach einiger Zeit, die Hubertus Anverita wie eine Ewigkeit vorkommen, schaut einer der vier Männer ihn nur missmutig an, blickt dann skeptisch zum Wirt, schaut dann wieder missbilligend den Astraeldiener an, um kaum vernehmbar zu erwidern: „In Lafays’ Stab werden werfen drei Katzen 15 zornige Jungen.“ Erleichtert und doch etwas zögerlich setzt sich Hubertus Anverita zu den Vier Männern. Etwas sonderbar ist ihm schon, so er den vier Männer gegenüber sitzt, die schweigen und kaum von ihm Notiz zu nehmen scheinen. Er hat viel gehört von der Bruderschaft, von diesen Männern, die der Lehre Orpas folgen, um dem Allwissenden nahe zu sein.
„Hubertus Anverita nennt man mich, dem Allwissenden im Ordo Astraeli dienend. Man seie aufgebrochen vor Tagen von der Heilgen Stätte Lafays’ Stab auf Weisung seiner Hochwürden Lugado. Der Ring des Argio…“ Ein mahnender Blick des Mannes, der zuvor schon ihn angeschaut und ihm erwidert hat, lässt Hubertus Anverita jäh stocken im Satz. „Man habe Euch erwartet und harre hier schon eine Weile in diesem Venturia. Mein Name ist K’endalor Aothes. Ich bin es, der Euch auf das Eiland Siebenwind geleiten wird zusammen mit Bruder Maltus Shuarshirad.“ Hubertus Anverita bemerkt, wie ihn ein prüfender Blick trifft und vermutet, dass dieser Mann Maltus Shuarshirad sein muss. Doch sein freundliches Lächeln wird von diesem Mann nicht erwidert, lediglich ein in ernstem Tonfall gesprochenes „Argionemes wird über uns wachen“ kommt dem Mann über die Lippen, bevor er wider schweigend zu Boden blickt.
Hubertus Anverita mustert die Männer und schätzt, dass sie alle wohl um die 30 Astrael alt sind. Ihm geht durch den Kopf, was man früher ihm berichtet hatte über die Ausbildung, die man bereit sein muss, über sich ergehen lassen in dem Orden der Bruderschaft. Als er das erste Mal sich davon erzählen ließ, welch Prüfungen man zu bestehen habe, auf dass sich die Pforten zu Orpa’s Weisheit öffnen zu den tieferen Weisheiten der Grauen Magie, um Astrael nahe zu sein, vermochte er dieses kaum zu glauben. Als er nicht mehr zweifelte darum, fragte er sich, ob es wohl ein astraelgefälliges Tun sei, in welcher unbarmherziger, gnadenloser Weise die Meister der Bruderschaft ihre Novizen lehrten. Doch diese Zweifel hatte er nicht mehr, diese Fragen waren beantwortet, als er die Gelegenheit hatte, drei Tage in einem Kloster der Bruderschaft zu verweilen.
Sich dieser Erfahrungen erinnernd weicht bei Hubertus Anverita, diesen Männern gegenüber sitzend, das Gefühl der Unsicherheit einem Gefühl des Vertrauens, weiß er doch die Verschlossenheit dieser Männer zu verstehen. Sein Vertrauen zu diesen Männern verstärkt sich auch dadurch, dass ihm bewusst ist, dass allein der Glaube an den Allwissenden Astrael die Seele und das Herz dieser Männer erfüllt. So wendet er sich jenem K’endalor Aothes zu, der ihm im Vergleich zu den drei Andren der Bruderschaft etwas offener erscheint: „Eure zwei anderen Brüder werden zurückbleiben in Venturia?“. „Ja – sie werden auf zwei weitere Brüder Eures Ordens hier in Venturia warten, um auch sie auf das Eiland zu geleiten. Auch warte man hier auf das Erscheinen eines Kaarem Balta. Euch sagt dieser Name etwas?“ „Nein, von einem Kaarem Balta wisse man nichts. Wann werden wir aufbrechen zu dem Eiland?“ „Schon bald. In zwei Tagen wird ein Segler in See stechen mit Kurs auf Siebenwind.“ „Weilt denn schon ein Bruder Eures Ordens auf dem Eiland Siebenwind?“ Bei dieser Frage nimmt Hubertus Anverita wieder den mahnenden und missmutigen Blick des K’endalor Aothes wahr. Während dieser flüsternd die Frage beantwortet, schaut er misstrauisch zu dem Wirt, der aber von den Männern keine Notiz zu nehmen scheint und mit dem Putzen seiner Gläser beschäftigt ist. „Ja – einer unserer Brüder weilt auf dem Eiland und tue sein Werk dort, auf dass geschehe der Wille des Allwissenden. Seine Aufgabe war es, wichtige Dinge auf das Eiland zu bringen und über diese zu wachen.“
Viele weitere Worte werden nicht mehr gewechselt zwischen Hubertus Anverita und K’endalor Aothes. So bleibt es auch in den kommenden zwei Tagen, bevor sie das Schiff betreten, dass sie zu dem Eiland Siebenwind bringen wird.
8. Calmexistus
Hochwürden Hadrian Lugado hatte sich schwer getan bei der ihm von den Brüdern des Inneren Zirkels des Ringes des Argionemes aufgetragenen Entscheidung, welchen Aspirantus er erwählen und auf das Eiland Siebenwind entsenden sollte, auf dass dieser die Brüder des Ringes des Argionemes auf dem Eiland beistehe in ihrem astraelgefälligen Tun. Mehrmals am Tage begab er sich in den Astraelschrein, welcher nahe gelegen der weißmagischen Akademie zu „Lafays’ Stab“, um zu beten zu dem Allwissenden, Ruhe zu finden und Kraft zu schöpfen in der Meditation. Seine Entscheidung fiel auf den Aspirantus Hubertus Anverita, ein Mann, welcher im Alter von 38 Astrael und dessen Zuhause das Kloster des Ordo Astraeli zu Gofilm war.
Die Entscheidung seiner Hochwürden Lugado war nicht überraschend, sondern im Gegenteil hätte man sie vorhersehen können, so man wisse um seiner Hochwürden Hadrian Lugado. Wie Hochwürden Lugano ist der Aspirantus Hubertus Anverita ein Mann, der sich nich