„Es war ein schöner Tag, die Sonne schien und die Strahlen brachen sich wunderschön im nahen Fluss. Der Wind fand säuselnd seinen Weg durch die nahe stehenden Weiden, die greise wirkend ihre Zweige im Wind treiben ließen. Viele der Bäume standen direkt bis an das Ufer. Es war ein flaches Ufer, welches nur langsam auf hundert Schritt vielleicht zwei Schritte anstieg. Es sind die Auen Aurens, die mein Herz höher schlagen ließen. Hier die Weiden, etwas tiefer das schnell wachsende Untergehölz, in dem es sich allerlei Singvögel bequem gemacht hatten.
Meine Augen glitten die andere Uferseite hinab und ich erblickte etwas, was meine Augen sofort zu diesem Punkt zurückkehren ließen. Es war eine dieser Pfahlbauten der Auenelfen, die man zwischen den Weiden kaum erblicken konnte. Ich hatte schon viel von dieser Art zu Bauen gehört. Hier, so nahe am flachen Ufer war es nötig, die Häuser auf Pfähle zu setzen, damit selbst zur Schneeschmelze oder bei starkem Regen, wenn der Flusspegel ansteigt, die Bewohner trockene Füße behalten. Die Auenelfen suchen wann immer es geht die Nähe zum Wasser. Das ist ihr Element. So sind viele Auenelfen Fischer. Ich kramte in meinem Rucksack, denn leider war dieses Elfenhaus recht schwer zu erkennen. Ein breiter Strom trennte uns. Ich habe jedoch ein Fernrohr mit mir geführt. Eines dieser seltenen Geräte, die es einem ermöglichen, ferne Objekte scheinbar näher an den Betrachter heran zu holen. Ah, nun war es besser zu erkennen. Es schien ein neueres Haus zu sein. Die Pfähle hatten noch kein Hochwasser erlebt. Nun sah ich auch die Weber, die Magier der Auenelfen. Herausstechend waren ihre farbigen Säume, doch diese trugen Festkleidung. Ja, in der Tat, da war mehr als ein Weber. Sie hatten dort einen Topf stehen, den sie mit Flusswasser füllten. Ein jeder Weber schien das Wasser zu besprechen, zumindest schloss ich dies aus ihrer Gestik. Immer mehr Auenelfen waren zu sehen und sie bildeten gemeinsam mit den Zauberern einen Kreis um den mit Wasser gefüllten Topf. Als kurzzeitig der Wind zu mir drehte, konnte ich einen zarten Gesang wahrnehmen. Sie schienen zu singen und zu summen. Leider drehte der Wind sogleich wieder, was wohl auch von Vorteil war, denn so konnte ich mich wieder auf das konzentrieren, was doch so sehr mein Interesse geweckt hatte. Sie standen im Kreis und hielten sich an den Händen. Gingen ein paar Schritte zurück und kurz darauf verkleinerten sie den Kreis wieder. Dies machten sie eine ganze Weile, bis die ersten merkwürdig erschöpft zu Boden sanken. Die Weber geboten Einhalt und viele Weitere ließen sich nun erschöpft zu Boden sinken, während die Weber den reich verzierten Topf mit Wasser nahmen und vorsichtig Tücher darin tränkten. Mit diesen begannen sie vorsichtig die Pfähle des neuen Hauses einzureiben. Dieses taten sie eine ganze Zeit lang. Wie lange kann ich leider nicht sagen, denn es wurde schon langsam dunkler und das Fernrohr schluckte leider sehr viel Licht. So konnte ich nur noch sehen, wie ein großes Lagerfeuer angezündet wurde und die Elfen bis tief in die Nacht feierten.
Einige Wochen später erfuhr ich, dass dieses eine rituelle Hauseinweihung war. Es war jedoch mehr als ein Ritual. Die Elfen gaben viel von ihrer Energie in das Wasser ab, denn die damit bestrichenen Pfähle sollten von nun an für die Ewigkeit halten. In der Tat, ich habe auch noch nie etwas Gegenteiliges gehört. Die Hütten mögen fortgerissen worden sein, doch nie brach ein solcher Pfahl, der selbst aus der Nähe ein einfacher Holzpfahl zu sein scheint.“
– Baldor Klockwien – bekannter Aurenreisender, entnommen aus einem seiner Aurenbücher
Allgemeines
Die Magie der Auenelfen unterscheidet sich stark von der Art und Weise, wie sie von den Menschen oder Hochelfen gewirkt wird, wenngleich sie ähnliche Effekte hervorzubringen vermag.
Im Grunde genommen nimmt ein Weber – wie die Auenelfen ihren Magier nennen – die Umgebung bewusster wahr als seine Brüder und Schwestern. Er erkennt die Zusammenhänge zwischen all den Kleinigkeiten, die ihn umgeben und versteht diese zu seinem Vorteil zu verändern. Man könnte gar sagen, dass Weber Tare wie das Lied eines Barden vernehmen. Jeder Teil der Welt ist eine Melodie, die zusammen mit den anderen Teilen das „Weltenlied“ ergibt. Aus jedem Lebewesen, ob Tier oder Pflanze, erklingt eine bestimmte Melodie, die Lebenskraft eines jeden Individuums, welche die Weber erfassen. Hier kommt die Magie ins Spiel. Der Weber versteht es die Lieder zu verändern und diese zu einem neuen Lied zu verweben, woher auch sein Name herrührt. Dabei wäre wichtig zu erwähnen, dass sich die Weber nicht einfach des Liedes bemächtigen, sondern zuvor die Elemente oder das Terthao um Erlaubnis bitten.
Das Gemüt der Weber ist äußerst anfällig auf die geringste Disharmonie des Liedes, daher sind gerade sie sehr bestrebt die Harmonie aufrechtzuerhalten. Mit regelmäßigen Ritualen (für gewöhnlich zu Ehren der Elemente oder des Terthao) sorgen sie für die entspannte Atmosphäre, die ein jeder Außenstehende beim Betreten der Auen spürt und schätzt.
Die Musikalität und die Rolle der Gemeinschaft bei den Auenelfen einen Großteil zur Kraft der Weber bei. Nach den Barden und Gauklern der Sippe sind es oft die Weber, die man fröhlich summend oder trällernd antrifft, was wohl als deren Antwort auf das Lied, welches sie permanent und intensiv umspielt, gedeutet werden kann. Insgesamt differenziert man zwischen zwei Arten von Webern, die sich hauptsächlich durch die Lebenserfahrung des Elfen ergeben. Die jungen Elfen, die sich noch kein großes Wissen angeeignet haben, nennen die Auenelfen Weber des Liedes, diejenigen mit fortgeschrittener Erfahrung Weber der Auen. Letzteren obliegt die Ausbildung und bemühen sich auch die übrigen Elfen für die Harmonie des Liedes zu sensibilisieren, indem sie ihren Geschwistern lehren, sich mit ihrer Umgebung im Einklang zu bewegen und so ihre natürlichen Fähigkeiten zu entfalten.
Ein Weber fühlt sich stets eng verbunden mit den Elementen, dabei besonders mit dem Wasser, der Erde und dem Wind. Das Feuer und die damit verbundene Zerstörungskraft scheuen viele von ihnen, insbesondere da es im Gegensatz zum Wasser steht, was in den Auen das vorherrschende Element ist. Die Verbundenheit geht soweit, dass sich die Weber zu Ritualen beispielsweise die Füße mit Erde bedecken oder gar das ganze Ritual halb im Wasser stehend vollführen. Gerade wenn es um große „Zauber“ geht, bei denen die Auenelfen ihre Kräfte bündeln müssen, werden oft mehrere Magiewirker der Nachbardörfer eingeladen. Diese sollen gemeinsam den Zauber verstärken und darüber hüten, dass keine Kraft ungenutzt im Nichts verpufft. Meist sind dies die Anlässe, wo sich Weber am schönsten kleiden und somit den hohen Stellenwert des Rituals unterstreichen.
Die Stellung der Weber in der Gemeinschaft ist gleich der Stellung jedes anderen Auenelfen, jedoch werden sie bei drohender Gefahr oder außergewöhnlichen Ereignissen oft zu Rate gezogen. Durch die empfindliche Wahrnehmung ihrer Umwelt sind Weber in der Lage Sachverhalte schneller zu durchblicken und somit Probleme gezielter zu lösen.
Insgesamt gibt es in einem Dorf nur sehr wenige Weber, da nur wenige Elfen diese Begabung haben und ihre natürlichen Fähigkeiten zu so hoher Perfektion steigern vermögen.
Meist wird aus diesem Verbund der Weber ein „oberster“ Weber ermittelt, welcher bei Ritualen die Melodie vorgibt. Oft ist dies altersabhängig, wobei es auch eine Art Turnus in manchen Dörfern geben soll, so dass jeder einmal die erste Stimme sein darf.
Charakter
Die Weber der Auenelfen sind für gewöhnlich die introvertiertesten Mitglieder einer Sippe. Oft halten sie sich im Wald auf und beobachten die vielen kleinen Wunder der Natur, aus denen sie so viel lernen können oder sie ziehen sich zurück um über das Erlernte zu sinnen. Das soll nicht bedeuten, dass die Weber sich von der Sippe abgrenzen.
Es ist sehr gewiss, dass sie ihren Schwestern und Brüdern euphorisch von ihren Erkenntnissen berichten und sie nicht selten auch auf eine lehrreiche Erkundungsreise mitnehmen werden.
Kleidung
Die Kleidung des Webers ist nicht viel anders, als die der anderen Auenelfen. Es sind die Kleinigkeiten, die einen Weber von einem gewöhnlichen Auenelfen unterscheiden lassen. Sie tragen eher unauffällige Kleidungsstücke, meistens schlichte Roben. Kragen, Armbündchen und der Saum sind jedoch zumeist mit einer kräftigen Farbe eingefärbt. In vielen Fällen ist es ein tiefes Blau, denn es steht für das Element Wasser, mit dem die Auenelfen sehr verbunden sind. Auch rot für Feuer und grün für Natur und Leben können vorkommen. Auch bekannt, aber sehr selten ist gelb für den Wind. Zu den Festen hingegen tragen sie aufwendigere Kleidung, die vorrangig in den oben genannten Farben gehalten ist.
Waffen
Weber vertrauen in erster Linie auf ihre Kräfte. Messer oder kleinere Dolche sind ihnen wohl eher im alltäglichen Gebrauch nützlich, als zum Kampf. Als Waffe ließe sich der Stock, den sie oft mit sich führen, nennen. Die erfahrenen Weber der Auen tragen einen Lian’tar – einen Stab aus Elfenholz, dessen Spitzen sich bei Ritualen wie Blätter im Wind zur Melodie wiegen.
Auch der Bogen – eine typische Waffe der Elfen – wird von ihnen geschätzt.
Außerdem beherrschen Weber den waffenlosen Kampf recht gut. Hierbei liegt ihr Hauptaugenmerk darauf, den Gegner zu entwaffnen ohne selbst Schaden zu erleiden. Zum Kampf lassen sie sich jedoch nur in ausweglosen Situationen bewegen. Wenn irgend möglich, werden sie sich aus einem Kampf heraushalten oder ihre Magie nutzen – nicht zuletzt, um ungesehen zu entfliehen.